Freitag, 16. April 2010

Ein Hauch von Süditalien


Ein Hauch von Süditalien. Part of the Mad Hairstyling history series Blogs.
Von Renato di Rubbo.



In Bellona, einem kleinen Dorf in der Nahe von Neapel, scheint die Zeit stehen geblieben.
Zwischen den engen, mittelalterlichen Gassen findet man weder klimatisierte Supermärkte
noch schicke Kleiderboutiquen. Die meisten Menschen hier sind entweder Handwerker,
Tabakbauern oder aber arbeitslos. In Bellona gibt es zwei Friseurgeschäfte. Das eine wird
vom sechzig Jahre jungen Luigi geführt und ist ausschliesslich Männern vorbehalten.


Entsprechend bedient Luisa im zweiten Salon nur Frauen. Wer an Luigi’s spartanisch
eingerichteten und von grellen Neonröhren beleuchteten Ein-Zimmer-Salon vorbeigeht,
wird am Stimmenwirrwarr schnell entdecken, dass sich im Raum weit mehr Herren
befinden, als Luigi trotz seiner flinken Hände in den nächsten pa ar Stunden abfertigen
könnte. Bei Luigi herrscht ein ständiges Kommen und Gehen: Lauthals wird über Fussball,
Formel 1 und Berlusconi’s Gaunereien diskutiert. Allesamt Männerthemen, von denen die
Ehefrauen bei Luisa sowieso nichts verstehen. Luigi’s Salon ist für die Männer Bellona’s das
kommunikative Zentrum des Dorfes, zumindest bis die „Bar Centrale“ gleich nebenan
öffnet. Der Bürgermeister trifft auf den Pfarrer, der Dottore auf den Bauern. Alle sind sie
vereint, in den lauthals geführten Streitgesprächen.


Zürich ist nicht Bellona und Marc Menden ist nicht Luigi, dennoch haben die beiden mehr
gemein als von aussen hin vermutet werden könnte. Auch bei mad herrscht täglich ein
emsiges Treiben: Der Flyer-Junge bringt die neuesten Party-Informationen, der befreundete
DJ die neuesten Scheiben, Kunden sitzen an den runden Tischen in der Mitte des Raumes
und beobachten gespannt die gebotene Szenerie. Derweil bespricht der Capo mit der
Nachwuchsmalerin die nächste Vernissage, was von Kurt dazu genutzt wird, heimlich die
Musik zu wechseln, um seine drohende Migräne abzuwenden. Wer bei mad auf einen
schnellen Haarschnitt hofft, wird schon nach wenigen Minuten eines Besseren belehrt,
schliesslich werden hier nicht nur die Haare geschnitten, sondern gleichzeitig Parties
veranstaltet, Layouts ausgewählt und DJ’s angeheuert. Gut nur, dass hier niemand schnell
wieder gehen möchte. Im Gegenteil: Die meisten bleiben auch nach einem 3-stündigen
Haarprozedere noch auf ein Bier oder ein Prosecco-Cüpli.


Schon von der Strasse her betrachtet, unterscheidet sich das mad grundlegend von
anderen Salons. Der Raum leuchtet hell und lädt mit seiner riesigen Fensterfront geradezu
ein, sich ins modische Getümmel zu stürzen, eine Offenheit, die sich im Innern mit den
beiden Spiegelinseln in der Mitte des Raumes weiterzieht. Verstecken kann und will sich
hier niemand. Jeder ist Teil der Handlung und zugleich Beobachter wie auch Beobachteter.
Eine Seltenheit gerade bei der sonst gegenüber Fremden misstrauischen Szene-Klientel. So
geschieht es unweigerlich, dass der Partyveranstalter neben einem 40-jährigen
Bankmanager sitzt und mit ihm über die gerade gespielte Musik palavert. Es erstaunt, dass
gerade beim Frisör, wo durch das Styling neue Masken geschaffen werden könnten, diese
eher abgelegt werden. Diese Offenheit und Kommunikationsfreude ist ein Spiegelbild der
Gastgeber, welche, wie ihre Klientel, unterschiedlicher nicht sein könnte und gerade so
dafür sorgt, dass sich hier alt und jung, laut und leise, schön und reich zum spannenden
Austausch trifft.

Und das Gute dabei: Dank eines stets gefüllten Kühlschranks braucht’s an
der Zweierstrasse keine „Bar Centrale“. Die Männer bei Luigi würden also doch mit etwas
Neid nach Zürich blicken.

Mehr Infos www.madhairstyling.ch

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